
Zeitzeugengespräch
Zeitzeuge Mario Röllig hat keine guten Erinnerungen an die DDR:
Vereinnahmt, missbraucht und eingesperrt !
Offenburg. Er gehört zu den Opfern, zu denen, die von Honeckers Handlangern vereinnahmt, missbraucht und eingesperrt wurden. Mario Röllig, seit Jahren gern gesehener Gast am Oken, stellte sich einmal mehr als kritischer Zeitzeuge zur Verfügung, um von seinen leidvollen Erfahrungen mit dem DDR-Regime zu berichten. Der weitgereiste Gast aus Berlin nahm dabei alle Schüler der Kursstufe 1 und 2 mit auf eine ebenso packende wie unglaubliche Reise in die 80-er Jahre der ehemaligen DDR.
Selten dürfte es in den Räumen der Mensa so still und ruhig gewesen sein, als Röllig aus seinem Leben im realexistierenden Sozialismus erzählte. Ebenso aufmerksam wie fassungslos verfolgten die knapp 150 Schüler, mit welchen persönlichen Schwierigkeiten man zu kämpfen hatte, wenn man wenig Bereitschaft zur Anpassung signalisierte. Konkret hieß dies im Falle Rölligs, dass ihm ein heißgeliebtes und mit Stolz getragenen Beckenbauer-T-Shirt beim Morgen-Appell in der Schule mächtig Ärger einbrachte, dass die kategorische Weigerung, als Informeller Mitarbeiter (IM) die Machenschaften des Stasi-Apparats zu unterstützen, mit Schikanen im Alltag verbunden war oder dass ihm ein erfolgloser Versuch, über die ungarischen Grenze in den Westen zu fliehen, unmenschliche Einzelhaft im Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen einbrachte und später zur würdelosen Abschiebung in den Westen führte.
Eine der schlimmsten Erfahrungen war für ihn wohl – wohlgemerkt nach dem Mauerfall – die zufällige Konfrontation mit einem seiner früheren Stasi-Peiniger, ein unerträgliches Aufeinandertreffen, das ihn am Ende fast noch das Leben kostete. Denn für Röllig war, wie er betonte, die Mauer nach seiner Ausreise in den Westen nicht nur Gefängnis, sondern auch Schutz vor dem gefühllosen Machtapparat der DDR- Diktatur. Die Rettung, so Röllig, war am Ende ein süßer, kleiner Mops namens Daphne, der ihm seinen Lebensmut und die Freude am Leben zurückgab.
Am Ende der „Geschichtsstunde aus erster Hand“ gab es von Seiten des jungen Publikums als Dankeschön für eineinhalb spannende Stunden Aufklärung über das Leben in der DDR wohlverdienten Applaus. Schulleiter Joost ließ es sich nicht nehmen, dem Gast aus Berlin als kleine Anerkennung für seinen Verdienste um das Wachhalten der Erinnerung an ein dunkles Kapitel deutsch-deutscher Geschichte eine Flasche Oken-Wein zu überreichen.
N. Wickert
- Oberstudiendirektor St. Joost und Zeitzeuge M. Röllig
- Gebannte Zuhörer in der Mensa