Schueler

Schule macht Theater

Theater macht Schule

Freitagmittag, 13 Uhr. Die allermeisten sind froh, das Schulhaus so schnell wie möglich in Richtung des heißersehnten Wochenendes verlassen zu können. Im Foyer des Oberstufenbaus lacht und scherzt jedoch eine Gruppe von Schülern, fröhlich ihren Mittagsimbiss verzehrend. Der Grund ihrer Anwesenheit: die Theater-AG. In einer halben Stunde probt die Gruppe allerdings ausnahmsweise nicht, wie freitags sonst immer, sondern wird auf ein spannendes Theaterjahr zurückblicken. Videos und Fotos zeigen unter anderem den Höhepunkt des zu Ende gehenden Schuljahres, den unzweifelhaft die bejubelte Aufführung des Stückes „Arsen und Spitzenhäubchen“ darstellte.

Mit dabei: einer der Hauptdarsteller, Jonas Joggerst. Das Abitur frisch in der Tasche, sind seine Tage am Oken gezählt – das ist zunächst einmal Grund zur Freude, allerdings schwingt auch ein wenig Wehmut mit. Viel gelernt habe er in der Theater-AG, und er nehme viel für sein Leben mit, sagt der 18-Jährige. Letzte Woche konnte er an seinen Theaterkünsten zusätzlich in einem Workshop im Rahmen der Offenburger Schultheatertage feilen.

Mit Jonas Joggerst und seiner Theaterlehrerin Betty Wilke sprach Ingrid Walter.

 

Jonas, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu deinem Abitur!

Wie war es denn auf den Theatertagen, so kurz vor deiner mündlichen Prüfung?

Jonas Joggerst: Es war großartig. Ich würde die Veranstaltung auf jeden Fall allen weiterempfehlen, die sich für das Theaterspielen interessieren! Hier kann man alles mal ausprobieren und man erfährt, wie es sich anfühlt, vor Publikum zu spielen. Für viele Teilnehmer war das ja das erste Mal auf der Bühne.

 

Wie kamst du denn überhaupt auf die Idee, an den Schultheatertagen teilzunehmen?

Jonas Joggerst: Frau Wilke hat in der Theater-AG dafür Werbung gemacht. Zuerst wusste ich nicht so recht, ob das etwas für mich ist, und ich musste auch erst mal schauen, ob ein Besuch terminlich überhaupt möglich wäre. Als ich dann aber gesehen habe, dass der Zeitpunkt nach den schriftlichen Prüfungen liegt, habe ich mich angemeldet.

 

Betty Wilke: Die Schultheatertage sind etwas ganz Besonderes. Nur vier Städte in Baden-Württemberg bieten etwas Vergleichbares an – Offenburg ist aber mit am längsten dabei. 2019 feiern wir das 30-jährige Jubiläum! Die Veranstaltung findet alle zwei Jahre statt. Ich freue mich riesig, dass dieses Jahr auch ein Oken-Schüler daran teilgenommen hat. Und hoffe, dass beim nächsten Mal viele diesem Beispiel folgen werden!

 

Für welchen Workshop hast du dich entschieden, Jonas?

Jonas Joggerst: Zuerst habe ich mich für den falschen angemeldet. Mich hatte interessiert, wie man seine Rolle entwickeln und kreativ damit arbeiten kann. Aber dann habe ich bemerkt, dass sich dieser Kurs an jüngere Interessierte richtet. Ich bin dann umgeschwenkt auf den Improvisationskurs. Allerdings habe ich meine Bewerbung während der Vorbereitungen auf das Abitur wieder völlig vergessen, erst als dann die Teilnahmebestätigung kam, habe ich mich wieder daran erinnert.

Wie lief denn dieser Improvisationskurs ab?

Jonas Joggerst: Das Tolle war, dass alles sehr locker ablief. Es ging unserem Lehrer, Rainer Jülg aus Konstanz, nicht darum, uns trockenes Wissen langweilig zu vermitteln, sondern unsere Arbeit war von Anfang an praxisorientiert. So hat er uns zum Beispiel beigebracht, wie man sich auf der Bühne prügelt …

Aha, und das hat dir gefallen?

Jonas Joggerst: Klar! Überhaupt waren die Übungen sehr spontan und haben viel Spaß gemacht. Nur sehr heiß war es in unserem Raum unter dem Dach der Musikschule.

Am Freitag haben die verschiedenen Gruppen in der Reithalle präsentiert, was sie erarbeitet haben. Wie war das für dich, vor so großem Publikum zu spielen?

Jonas Joggerst: Ja, das Publikum war überraschend groß. Aber ich war gar nicht aufgeregt, ich musste ja keinen Text können, wir haben ja improvisiert! Das war völlig entspannt.

Aber gerade diese Tatsache, spontan kreativ sein zu müssen, würde doch andere in Verzweiflung stürzen!

Jonas Joggerst: Nein, das war bei mir nicht so. Ich habe das als völlig risikofrei empfunden. Der Leiter unseres Workshops hat uns gut beigebracht, auf unsere Intuition zu vertrauen und auch Mut zu haben, Fehler zu machen. Natürlich hatte ich auch schon viel Erfahrung in der jahrelangen Theaterarbeit hier am Oken gesammelt, insofern war ich bestens vorbereitet und kannte schon viele Tricks. Und außerdem ist Impro-Theater sehr empfehlenswert vor allem für diejenigen, die nicht so gerne Text lernen …

Welche Gruppe hat euch denn am meisten mit ihrem Ergebnis beeindruckt?

Jonas Joggerst: Die Drittklässler mit ihrer Trommeldarbietung. Unglaublich, was die in den zwei Tagen auf die Beine gestellt haben und mit welcher Begeisterung die gespielt haben! Aber auch die anderen Gruppen waren toll.

Betty Wilke: Ja, diese Aufführungen faszinieren auch mich immer wieder aufs Neue. Man muss ja bedenken, dass sich die Kinder und Jugendlichen am ersten Tag, am Mittwoch, erst einmal in ihrer Gruppe zurechtfinden müssen, sich kennerlernen müssen. Es bleibt dann nicht mehr viel Zeit bis Freitag. Aber was da entsteht, ist jedes Mal begeisternd!

Jonas Joggerst: Die ganze Atmosphäre war einfach großartig. Alle Teilnehmer waren hochmotiviert. Die Präsentationen waren zu keinem Zeitpunkt langweilig.

Was nimmst du mit aus diesen drei intensiven Theatertagen?

Jonas Joggerst: Ich habe eine Menge nette Leute kennen gelernt, mit denen ich in Kontakt bleiben möchte. Anfangs kannte ich niemanden. Ich war froh, als ich einen ehemaligen Oken-Schüler traf. Aber das Gefühl der Fremdheit war sofort verschwunden, man fühlt sich wie in einer großen Theaterfamilie.

Betty, du bist nun seit 2011 eine der Organisatorinnen dieser Theatertage. Welcher Eindruck bleibt bei dir haften von der diesjährigen Veranstaltung?

Betty Wilke: Jonas’ Eindrücke kann ich nur bestätigen. Über die Jahre ist da viel gewachsen, die Atmosphäre ist einzigartig. Manche Referentinnen und Referenten sind jedes Mal dabei und dann ist die Wiedersehensfreude groß. Wir bemühen uns aber natürlich auch um Abwechslung und neue Gesichter. Wir haben dieses Jahr hauptsächlich Referenten aus der Region für unsere Theatertage gewinnen können, aus Straßburg, aus Freiburg, Baden-Baden, Karlsruhe, Konstanz. Wir können auf so viele gute Leute zurückgreifen! Hier wird lebendige Theaterarbeit geleistet, wovon alle nur profitieren.

Wird dich das Theaterspielen weiterhin begleiten, Jonas?

Jonas Joggerst: Auf jeden Fall. Ich habe mir überlegt, Schauspiel zu studieren. Aber im Moment tendiere ich dazu, Lehramt zu studieren und nebenher eine Ausbildung zum Theaterlehrer zu machen. Später eine Theater-AG zu leiten oder selbst Workshops bei Theatertagen anzubieten, das wär’s.

13.30 Uhr. Die Theater-AG beginnt, alle sind gespannt auf die Bilder. Jemand bringt noch eine Packung Eis mit. Auch am Oken, so hat man den Eindruck, ist eine große Theaterfamilie entstanden.

Jonas Joggerst und Betty Wilke

Jonas Joggerst in der Rolle des Jonathan Brewster (rechts)

 

 

 

 

 

 

 

Info: Im Rahmen der Offenburger Schultheatertage, die alle zwei Jahre stattfinden, wurden vom 21. bis 23. Juni 2017 interessierten Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften in 16 Theaterkursen bzw. Workshops Impulse und Anregungen für Theater, Spiel und kreativen Unterricht vermittelt. Die Referenten: professionelle Bühnenkünstler, Theaterpädagogen und Theaterlehrer. In der gemeinsamen Abschlussveranstaltung in der Reithalle präsentierten die einzelnen Gruppen kurze Ausschnitte aus ihrer Arbeit.

www.schultheatertage-og.de

 

I. Walter