Schueler

DDR-Zeitzeuge

Mario Röllig zu Gast am Oken: Traum von persönlicher Freiheit nie aufgegeben

Offenburg. „Endlich raus aus der Diktatur, endlich!“ Mit diesen Worten beschrieb Mario Röllig, kurz und knapp das Schlüsselerlebnis in seiner Biographie, den vielleicht wichtigsten Moment in seinem Leben, als er am 8, März 1988 endlich aus der ungeliebten DDR in die ersehnte Bundesrepublik ausreisen durfte. Der erlösende Charakter dieses Ereignisses dürfte keinem der knapp 80 Schüler der Kursstufe J1 des Oken-Gymnasiums entgangen sein, die von Mario Röllig eineinhalb Stunden lang anhand seines persönlichen Schicksals über die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse der ehemaligen DDR aufgeklärt wurden.
In einem packenden Vortrag nahm Röllig seine aufmerksame Zuhörerschaft mit auf eine schockierende Reise in eine DDR-Vergangenheit, in der politische Willkür, Unfreiheit und ein Klima von Misstrauen, Angst und Hoffnungslosigkeit an der Tagesordnung war. Nach eigenen Aussagen geriet der heute 48-jährige, geboren und aufgewachsen in Ostberlin mit 17 Jahren ins Fadenkreuz des Ministeriums für Staatssicherheit. Obwohl von seinen Peinigern massiv unter Druck gesetzt lehnte er es damals ab, als inoffizieller Mitarbeiter der Stasi einen westdeutschen Politiker auszuspionieren. Um Repressalien für sich und seinen Angehörigen zu entgehen, versuchte er über Ungarn nach Jugoslawien in die Freiheit zu entkommen, wurde jedoch verhaftet und an die Stasi ausgeliefert. Im Stasi-Untersuchungsgefängnis Berlin – Hohenschönhausen musste er ein dreimonatiges Martyrium über sich ergehen lassen. Nach einem Protestbrief an Erich Honecker wurde er schließlich für 90000 Mark von der BRD freigekauft und ausgebürgert. Erst 1997 erfuhr Röllig aus seinen Stasi-Akten, wo er zehn Jahre zuvor inhaftiert war. Nach einer Wiederbegegnung mit einem seiner ehemaligen Vernehmer aus Hohenschönhausen, der inzwischen im Westen so richtig Karriere gemacht hatte, kehrte das Trauma der Inhaftierung zurück.
Rölligs Rache an seinen Peinigern ist sein unermüdlicher Einsatz als Aufklärer. Heute kämpft er in der Vereinigung der Opfer des Stalinismus in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen beharrlich- nicht zuletzt aus selbsttherapeutischen Gründen – für eine längst überfällige Rehabilitierung von Opfern, eine verdiente Bestrafung von Tätern sowie eine gründliche Aufarbeitung eines der dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte. Wann immer es sich ergibt, betreibt er wertvolle Aufklärungsarbeit in Schulen, im kommenden Jahr wird er dies auf Einladung auch in amerikanischen Highschools tun.
Am Ende der spannenden Veranstaltung gab es viel Applaus und eine Flasche „Roten Lorenz“ für den Gast aus Berlin. Die dankbaren Zuhörer zeigten sich einerseits schockiert und entsetzt ob des zugefügten Unrechts, andererseits zollten sie dem eloquenten Referenten Respekt und große Bewunderung dafür, weil er sich trotz allem nie kleinkriegen ließ:“ Meinen Traum von der persönlichen Freiheit habe ich nie aufgegeben.“