Schueler
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10.03.2010: „Zweisprachige Leben und Lernen“

Badische Zeitung, 10. März 2010

Schüler des Oken-Gymnasiums und des Lycée Marc Bloch aus Straßburg gemeinsam in Marseille.

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Offenburger und Straßburger Schüler gemeinsam in Marseille. Foto: Saam

OFFENBURG. Seit nunmehr fünf Jahren besteht eine Kooperation des Oken-Gymnasiums mit dem Lycée Marc Bloch aus Straßburg. Nach Antibes, Berlin, Paris und Hamburg war diesmal Marseille das Ziel dieser besonderen Form des Schüleraustauschs, bei dem deutsche und französische Schüler gemeinsam für eine Woche an einen dritten Ort fahren.

„Menschenströme, Warenströme/ flux humains, flux des marchandises“ lautete das Motto der diesjährigen Drittortbegegnung in Marseille. Die Schüler erlebten unter anderem Marseille als Drehscheibe für Einwanderer, aber auch als Teil einer Region, für die der Industriehafen Fos sur Mer als drittwichtigster europäischer Seehafen von großer Bedeutung ist. Einen sehr lebendigen Eindruck der Probleme von eingewanderten Frauen konnten die Schüler in der Association Femmes d’ici et d’ailleurs gewinnen. Sechs Frauen, vor allem aus den Maghreb-Staaten, darunter auch die Gründerin dieser Einrichtung, Fatima Rhazi, schilderten den Schülern ihre persönliche Lebenssituation – was es heißt, ohne Papiere und mit kleinen Kindern in ein fremdes Land zu kommen und jahrelang auf der Straße leben zu müssen.
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Im Industriehafen Fos, der sich über eine Fläche der Größe Paris‘ erstreckt, erfuhren die Schüler einiges über die Waren, die dort umgeschlagen werden und wie das Auge des Gesetzes versucht, Schmuggel und illegale Warenströme einzudämmen. Gemeinsam besichtigten die Schüler zudem Marseille. Höhepunkt der Begegnung war der Abschlussabend. In einzelnen Beiträgen wurden die Erfahrungen und Erlebnisse der Woche kreativ umgesetzt.

Deutsche und Franzosen teilten sich die Vier- bis Sechsbettzimmer ihrer Unterkunft, die direkt am Meer lag. Durch die vielen gemeinsamen Aktivitäten und gemischtsprachigen Projekte überwanden die Schüler schnell ihre Scheu, sich in der fremden Sprache auszudrücken. „Wir konnten uns sehr gut verständigen. Ich habe viel Französisch gesprochen und natürlich auch Umgangssprache gelernt“, sagt eine Schülerin der 10. Klasse. „So viel Französisch habe ich seit dem letzten Austausch nicht mehr geredet. Es ist anders als im Unterricht, weil man nicht verbessert wird“, ergänzt eine Schülerin aus der elften Klasse.

Tina Häberle und Frank-Jochen Saam, die begleitenden Lehrer des Oken-Gymnasiums, haben in den letzten fünf Jahren das jetzige Konzept des Schüleraustauschs mit ihren französischen Kollegen erarbeitet: „Es bringt nichts, in fünf Tagen möglichst viel anzuschauen und die Schüler mit Informationen zu überfrachten. Eine klare Schwerpunktsetzung ist wichtig – und vor allem sollen die Schüler über das Erfahrene in der Fremdsprache miteinander sprechen“, erläutern die beiden. „Unser Ziel ist es, dass möglichst dieselbe Schülergruppe in zwei aufeinander folgenden Jahren einmal nach Frankreich, einmal nach Deutschland fährt.“ Die beiden Hauptstädte, Berlin und Paris, und zwei Hafenstädte, Hamburg und Marseille, würden so im Wechsel zum Ort der Begegnung. Damit würde interkulturelles Lernen direkt vor Ort ermöglicht. Was ist in Marseille anders als in Hamburg, was ist in diesen Städten ähnlich? Die Schüler könnten so durch praktische Anschauung direkt vergleichen und Unterschiede und Gemeinsamkeiten erkennen. Bei den Schülern kommt das Konzept jedenfalls gut an: „Das Programm war spannend und wirklich abwechslungsreich. Die Drittortbegegnung ist ein Superprojekt“, sagt ein Zehntklässler.